Der Kölner CSD 2018 war zeitweise nervenaufreibend. Rechtzeitig am Freitag um 13:30 Uhr am Standplatz angekommen und mit dem Aufbau begonnen, wurden wir eine Stunde später von wichtigen Persönlichkeiten gestoppt. Begehung durch die Feuerwehr. Unser Stand, der an genau demselben Standort wie im letzten Jahr war, blockierte nun plötzlich die Rettungswege /-bereiche und musste deshalb weichen. Eine tolle Idee der Verantwortlichen war es, als Lösung des Problems die Briefkästen, die hinter dem Stand standen, in unseren Stand zu integrieren. Glücklicherweise wurde diese Idee verworfen.
Also alles wieder eingepackt, einige Zeit in „der Luft gehangen“, weil niemand sich äußern wollte, und anschließend in die Gürzenichstraße umgezogen, wo sich ein Plätzchen für uns gefunden hatte. Dort alles wieder aufgebaut und um 17:30 Uhr waren wir dann endlich fertig. In mehrfachem Sinne.
Mit einem schnell vor Ort getippten Newsletter und einer Person mit Stuhl am alten Standort hofften wir, Suchende abfangen und zur neuen Location weiterleiten zu können.
Uferlos war auf zwei offiziellen Empfängen eingeladen, die im Rahmen des CSDs abgehalten wurden: dem von Oberbürgermeisterin Henriette Reker am CSD-Freitag und dem Empfang vom Schwulen Netzwerk und der AIDS-Hilfe am Samstag. Natürlich waren wir mit Vertreter_innen dabei und haben der Community, Politik und Verwaltung gezeigt, dass es uns gibt!
Am Samstag wurde auf der großen Bühne am Heumarkt ein Preis vergeben, der uns besonders gefreut hat: Johannes Nichelmann gewann mit seinem Radiobeitrag „Tabuthema Bisexualität: Vom Stigma, auf Frauen und Männer zu stehen“ den Felix-Rexhausen-Preis 2018 des BLSJ – Bund Lesbischer und Schwuler JournalistInnen. Herzlichen Glückwunsch zu diesem wirklich gelungenen Beitrag! Er kann beim Deutschlandradio Kultur angehört und heruntergeladen werden und gehört zu den Top 3 der Online-Seite: https://www.deutschlandfunkkultur.de/zeitfragen.975.de.html?drbm:date=2018-02-01
Der Samstag lief am Stand wie gewohnt, außer, dass es in der Gürzenichstraße deutlich mehr Besucher_innen gab und wir viel mehr Gespräche führen konnten. Zwei sind mir persönlich haften geblieben. Ein 7-jähriger Junge, der, nachdem ihm seine Mutter Pansexualität erklärt hatte, sie fragte, wie das heißt, wenn mensch gar nichts mag (Antwort: asexuell). Und ein Vater, der mit seiner 15-jährigen Tochter an den Uferlos-Stand kam und sich für sie nach Möglichkeiten und Altersbegrenzungen erkundigt hat. Ich wünsche mir mehr solch offene Menschen.
Apropos junge Menschen: Wie schon vergangenes Jahr fielen uns die zahlreichen Jugendlichen/jungen Erwachsenen auf, die sich in Bi- und Pan-Flaggen gehüllt auf dem Straßenfest, an und in der Parade zeigten. Wenn die mal alle zu uns kämen, wäre unser Nachwuchsproblem gelöst. 😉 Daraus geborene Idee für nächstes Jahr: Eine Pansexuell-Ausgabe des beliebten Aufklebers mit dem Spruch „Es gibt mehr Bisexuelle als du denkst“. Schön zu sehen, dass Bi- und Pansexualität bei den jungen Menschen so sichtbar sind!
Samstagabend traf sich eine kleine, feine Gruppe zum traditionellen Uferlos-CSD-Essen im Deutzer Brauhaus. Dass es auch noch etwas anderes als CSD gibt (kaum zu glauben, aber wahr) merkten wir an dem WM-Spiel, das auf großen Fernsehern lief.
Am Sonntagmorgen/-vormittag gab es dann leichtes Chaos, da die KVB nicht so wollte wie sie sollte. Trotzdem schafften wir es, mit einer Fußgruppe die Demo/Parade zu absolvieren.
Zwei Stände neben unserem – einem Verkaufsstand für allerlei Spielzeug, Kleidung und Accessoires der etwas anderen Art – gab es danach offenbar das Bedürfnis, veraltete Traditionen wieder aufleben zu lassen, und so wurde jede_r öffentlich auf der Straße ausgepeitscht, der / die den Wunsch danach äußerte. Beamt_innen vom Ordnungsamt liefen dabei mittendurch. Unsere Bestände an Aufklebern, Postkarten, Flyern etc. gingen so langsam zur Neige, sodass wir zum Abend hin nur noch Reste verteilen konnten.
Das Fazit: Aufgrund der Diskontinuität der Feuerwehr und der KVB war der CSD 2018 für uns stressiger als sonst, die zustandegekommenen Kontakte / Gespräche haben uns dafür jedoch entschädigt.
Wer schon mal den Kalender füttern will: Der Kölner CSD findet immer am ersten vollständigen Juli-Wochenende statt, 2019 vom 5. bis 7. Juli. Doch keine Bange: So lang braucht ihr nicht zu warten, um uns kennenzulernen oder wiederzusehen. 😉 Am 23.9. ist der internationale Bi-Tag, an dem es auch dieses Jahr voraussichtlich wieder eine Aktion geben wird. Und unsere regelmäßigen Treffen Gesprächskreis, Frauen*gruppe, Männer*gruppe und Bi-Brunch finden jeden oder jeden zweiten Monat statt. Einfach auf der Seite Aktivitäten schauen und vorbeikommen, wir freuen uns immer über neue Gesichter!
Unsere traditionelle Umfrage im Jahr 2018
Thema: „Bisexuell – und was noch?“
In unserer Gruppenarbeit machen wir die Erfahrung, dass es unterschiedliche Ausprägungen und Facetten der bei uns Ratsuchenden gibt, die über die Definition von Bisexualität im engeren Sinne hinausgehen. Es gibt deshalb zunehmend die Bestrebung, Bisexualität eher als integrativen Oberbegriff zu betrachten um unsere Ressourcen nicht unnötig zu zerteilen. Insbesondere gibt es bei uns auch pansexuelle, polysexuelle und genderqeere oder gender non-binary Menschen.
Da wir Bisexuellen ein Sichtbarkeitsproblem haben, möchten wir diesmal durch unsere Umfrage vor allem die Sichtbarkeit dieser unterschiedlichen Ausprägungen unter dem Schirm der Bisexualität unterstützen!
Da Möglichkeit D keine Aussage über die sexuelle Ausrichtung, sondern über die eigene Geschlechtswahrnehmung macht, kann sie auch mit den anderen Möglichkeiten kombiniert werden, d. h., es dürfen ggf. auch zwei Kugeln eingeworfen werden, wenn eine davon an Möglichkeit D geht.
Zusätzlich haben wir, wie bereits im letzten Jahr, eine etwas aufwendigere Umfrage mit Postkarten durchgeführt, bei der wir persönliche Antworten einsammeln und sie auf BiPride.eu veröffentlichen. In diesem Jahr hatten wir 2 Fragen: „Coming-out: Ja oder nein?“ und die bereits im letzten Jahr gestellte „Was denkst Du über Bisexuelle?“. Die Meinungen aus 2018 sind hier und hier zu finden.