Uferlos e.V. - Bi-Gruppe Köln

Mit 12 zum ersten Mal in einen Jungen verliebt, schwärme aber auch für zwei Mädchen...
Was bin ich denn nun ? Der einstige Begriffsmangel (es gab nur schwul oder "normal") - ist inzwischen einer Begriffsvielfalt gewichen, die von konservativen Gesellschaftsschichten diffamiert wird, zur Selbstfindung aber unverzichtbar ist.

Mit 14 das erste Mal Petting mit einem Jungen, sexuelle Beziehung von einigen Monaten; Die Angst - werde ich jetzt komplett schwul wenn ich das weiterführe ? Deshalb Abbruch der Beziehung. Heute weiß ich aus meiner Erfahrung: Bisexualität ist keine Phase, währt ein Leben lang.

Angst vor Beziehung insofern unbegründet? Leider nein, damals galt noch die harte Version von §175.
In einem Interview wurde ich vor kurzem zur Bedeutung des 17.05. befragt. Ich sagte dass ich zu jung sei als dass ich die Auswirkungen des Paragraphen noch zu spüren bekommen habe, aber das war nur die Hälfte der Wahrheit. Nur weil ich mich damals noch nicht richtig definieren konnte, habe ich von der kurzen Beziehung an bis etwa 1980 fast wie ein Mönch gelebt.
Danach eine Phase der Promiskuität, hauptsächlich flüchtiger schwuler Sex.

Aber: wie weit gehe ich mit sexuellen Praktiken in einer schwulen Beziehung? Hier kann es unterschiedliche Erwartungshaltungen geben, die nicht verletzt bzw. gegen den Willen erfüllt werden dürfen. Konsequenz: Klare Regeln zur Wahrung der Selbstachtung finden.

Mit 28 dann zum ersten Mal richtig in eine Frau verliebt, es entstand zumindest eine lange platonische Beziehung.

Hat meine Liebe eine Chance? Heimlichtuerei führt nicht weiter, je eher man sich selbst akzeptiert, um so besser.
Lieber ein klärendes aber auch desillusionierendes Gespräch als Zeit mit vergeblichen Hoffnungen vertun.

Vielfältig tätig, beruflich, ehrenamtlich, sportlich, aber niemand weiß Bescheid? Auch hier gilt: Heimlichtuerei führt i.d.R. nicht weiter (Ausnahme: Arbeitgeber katholische Kirche) und belastet zunehmend.
2004 wurde der Leidensdruck durch das Verheimlichen sehr groß, gleichzeitig hatte ich mich beruflich soweit etabliert, dass ich mich sicher genug für ein Coming out fühlte. Konsequenz: Hilfe zum Coming Out in der Bi-Gruppe gesucht und gefunden, seitdem wachsendes Engagement in der Gruppe und als Bi-Aktivist.

Erkenntnis: sich selbst akzeptieren, Bisexualität ein Gesicht geben, für Sichtbarkeit werben, auch wenn nach meiner Erfahrung Bisexualität stärker diskriminiert/diffamiert und/oder gefürchtet wird als Homosexualität. Es gibt immer noch genug Vorurteile zu bekämpfen, z.B. dass Bisexuellen vielfach Polyamorie oder gar Promiskuität unterstellt wird, obwohl viele in festen monogamen Beziehungen leben. Und es gibt zuwenig psychologisches Fachpersonal, das in der Ausbildung bereits auf die besonderen Probleme Bisexueller vorbereitet wurde.

Vorurteile gibt es auch in der Community. Ich musste mir auch schon von Schwulen Sprüche anhören wie: "Du kannst Dich ja bloß nicht entscheiden, Du bist doch eigentlich schwul!" Oder: "Wer nach allen Seiten offen ist, kann ja nicht ganz dicht sein!"

Einen aus der Community geäußerten Vorwurf kann ich nur für mich selber und wenige andere in der Bi-Gruppe entkräften: "Ihr Bis seid ja doch nicht da wenn's drauf ankommt !" Wir haben zwar schon sehr lange Präsenz durch unseren jährlichen Info-Stand beim CSD und wir gehen auch schon lange bei der CSD-Demo am Sonntag mit, aber die wenigsten von uns sind schon bereit, auch bei Interviews oder hier im Webauftritt über ihre Bisexualität zu sprechen, deshalb freue ich mich, hier ein Beispiel zu geben. Das erforderte natürlich einen langen Prozess der Überwindung meiner "katholischen Erziehung".

Meine These deshalb: Die Bisexuellenbewegung ist heute (leider) erst ungefähr an dem Punkt angelangt, an dem die Schwulenbewegung 1978 war, als der erste schwule Stadtrat San Francisco's, Harvey Milk, seine flammenden Appelle an alle Schwulen richtete, sich nicht länger "im Schrank" zu verstecken: "Burst down those closet doors once and for all, and stand up and start to fight." Sie sollte aber nicht den Fehler von Teilen der Schwulenbewegung von damals wiederholen, eigene Minderheiten auszugrenzen: ich betrachte Bisexualität mittlerweile als notwendigen weil bekannten Oberbegriff, aber in der Bi-Bewegung gibt es z.B. auch die Pansexuellen, die Polysexuellen, die Bi's mit nicht-binärer Geschlechtsidentität , die girl fags, die guy dykes, die Tomboys usw. wobei es teilweise schwierig ist diese Begriffe zu definieren, ohne andere damit zu verletzen, weil die Grenzen absolut fließend sind. Es ist deshalb gut, sich unter dem Schirm der Bisexualität zu vereinen und gemeinsam gegen Diskriminierung zu kämpfen.

Was gehört nun zu einer bisexuellen Lebensweise, die sich nicht länger versteckt ? Natürlich nicht, andere bei jeder Gelegenheit verbal über sich aufzuklären, aber man sollte die Zeichen der Bi-Bewegung für sich nutzen und sie mit Stolz tragen (Das bedeutet ja Bi pride !).

Und man sollte in der Mediendarstellung (Serien !) nicht immer das Schmetterlingsimage befeuern, es gibt genug Bisexuelle, die in langjährigen Beziehungen leben und auf die Verlass ist (z.B. ich selber).

Mit 56 habe ich meine Lebensgefährtin kennengelernt, gefunkt hat es sofort, es ist tiefe Liebe daraus geworden. Sie ist auch bi und wir ergänzen uns sehr gut.

Obwohl ich aus den konservativen Südstaaten, dem so genannten Bibelgürtel (Bible Belt) der USA komme, habe ich bereits seit meiner High School als Bisexueller gelebt, ohne jedoch eine feste Beziehung anzustreben. Erst als ich zum Studium nach Frankreich ging, habe ich zu ersten Mal mit einem Mann zusammengelebt.
Ich habe meinem Freund gleich am Anfang der Beziehung gesagt, dass ich bisexuell bin. Er hatte Verständnis dafür und gab mir sogar die "Erlaubnis" Frauen zu daten.
Ich habe dieses Angebot geschätzt und fand es gut zu wissen, dass ich es könnte, wenn ich will.

Aber damals tief in meinem Inneren wusste ich, dass ich das nicht wollte. Ich war schließlich treu und monogam (Glaub mir, es gibt einen Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen).

Ich habe später einen Begriff für mein Verhalten entdeckt: Serielle Monogamie. Meine Beziehungen, die durchschnittlich drei Jahre hielten, waren mal mit einem Mann, mal mit einer Frau. Aber immer nach und nach nicht gleichzeitig. Bis zu meinem 30. Lebensjahr waren meine Partner und Partnerin immer hetero oder schwul. Dann habe ich Julia bei der Bi-Gruppe Gelsenkirchen kennengelernt. Sie war viel jünger als ich, und ich habe gar nicht mitgekriegt, dass sie auf mich stand. Alle in der Gruppe wussten es - nur ich nicht. Bis Jürgen, ein gemeinsamer Freund, mich aufgeklärt hat. Kurz danach hat Julia mich eingeladen, mit ein paar Freunden zusammen Silvester zu feiern. Mitternacht hatten wir unser eigenes Feuerwerk auf der Couch. Wir waren danach unzertrennlich. Obwohl sie ein eigene Wohnung hatte, hat sie mehr Zeit bei mir verbracht als in ihrer. Zum ersten mal hatte ich eine Partnerin, der ich nicht erklären musste, was es heisst bi zu sein. Sie hatte genau die gleichen Bedürfnisse wie ich. Ich hatte schon in den drei Jahren zuvor Beziehungen mit Heterofrauen. Aber ich merkte, dass mein Interesse an Männern wohl deshalb stärker war, weil ich es mit Männern nicht durfte. Sie hatten meine Bisexualiät so lange akzeptiert, wie ich sie nicht ausgelebt habe. Bei Julia war das anders. Zum ersten Mal hatte ich Sex außerhalb einer "Kernbeziehung". Dieser beschränkte sich aber auf One-Night-Stands meinerseits. Bei Julia, die nicht nur bisexuell sondern auch sado-maso veranlagt war, war das anders. Sie hatte einen Meister, der sie regelmäßig besucht hat.

Wir gingen mit allen Dingen offen rum. Infos über unsere Eskapaden haben wir mit einander geteilt, wir haben praktisch Notizen darüber ausgetauscht, wie es mit ihm/ihr war. Es wurde viel gelacht. Ich war auch neugierig, was da bei ihrem Meister stattfand. Julia hat daraus keine Geheimnisse gemacht. Wir sind einander sehr nah gekommen. Wir führten eine lange und sehr harmonische Beziehung. Die Beziehung endete, weil Julia keine Grenzen mehr gefunden hat bei ihrer Maso- Neigung. Sie kam nach Hause mit Blutergüssen von den Hüften bis zum Fuß. Ich habe dann ein Ultimatum gestellt. Wenn sie keine Grenzen mehr finden konnte, dann mussten wir uns trennen - und so kam es auch. Das letzte, was ich von ihr gehört habe, ist, dass sie mit ihrem Meister nach Berlin gezogen ist und öfters im Kit-Kat Club zu sehen war.

Ich habe danach erst einmal eine Beziehungspause eingelegt. Später, als ich nach Köln umgezogen war, begann ich wieder zu daten. Ich wollte aber nichts festes. Zurzeit bin ich wieder zu einer festen Beziehung bereit. Wie das aussehen soll, ist nicht ganz Klar. Ich kann mir vorstellen, ein "drittes Rad" zu sein. Das heißt, ein Liebhaber eines festen Paares. Oder auch noch mal was mit ein Bi-Frau. Aber Monogamie kommt momentan (sag niemals "Nie") nicht mehr in Frage für mich. Eine Kernbeziehung würde ich aber gern führen. Durch die Bi-Gruppen habe ich verschiedenste Lebensmodelle kennengelernt. Ich habe Menschen kennengelernt, die Single, verheiratet (auch mit Kindern!) sind oder klassische Dreiecksbeziehungen ausleben. Ich würde auch gerne Kinder haben, jetzt brauch ich nur noch die Richtige zu finden - und ich weiß, dass das möglich ist!

Why do I call myself a bisexual?

For lack of a better word, I use bisexual. Although I have come to learn that this word means many different things to many different people. Before attending my first International Bi-Symposium in Berlin in 1996, I was naïve to believe that there I would encounter people like myself. It was here that I made first hand contact with bisexuals from all over the world. I was shocked to realize the diversity that appeared under this banner. There were: free spirited esoterics who seemed not to be able to have sex without making it into some kind of spiritual experience; the fetish orientated leather and S&M groups (some of them looked really scary); the usual loud exhibitionists and excentric types who would do or wear anything to get attention as well as many quite academical book-worm types not to forget about the hippies (yes they still exist, trust me) with their 1960s idealogy of make love (with everyone) not war. There were the Kinsey 1's and there were the Kinsey 5's.

Later, I met people that I would classify as bisexuels but who did not classify themselves as such and vice-versa. Though I was asked to be politically correct and accept there "self-definitions" no one wanted to give me the right to define and order the world the way I saw and understood it.

I realized that there were many facettes to bisexuality and in fact I see myself as a conglomerate of all of the above at certain times. I can be camp, I can be professional and cool, I can be nasty (always wanted to try hot wax) and I can be gentle, but to say that I am only one of these things would be wrong. I am bisexuel because bisexuality is multifacited. Bisexuality is complex, I am complex, I am Bisexual.

Gewußt habe ich es eigentlich ab meinem 12. Lebensjahr. Die schreckliche Pubertät begann und die kreisenden Hormone bewirkten plötzlich ein starkes Interesse für andere, vornehmlich gleichaltrige Jungs. Etwas belesen auf diesem Gebiet tat ich das als " homosexuelle Phase " ab, die wohl alle 12-/ 13- Jährige betraf, und dachte, das gibt sich.

Nachdenklicher wurde ich, als die vermeintliche Phase mit 18 und älter immer noch nicht vorbei war, obwohl sich mein Interesse und Bemühen auf Mädels richtete. Klar kannte ich auch schon mit 13/ 14 den Begriff " Bisexualität ", der damals vor allem im Zusammenhang mit Pop- und Rockstars a la´ David Bowie, Marc Bolan, Lou Reed und Mick Jagger Furore machte. Aber ihn auf mich selbst anzuwenden, mir einzugestehen, daß ich selbst davon betroffen war, dazu bedurfte es einiger Jahre. Erst in den 90-igern kam ich in Gesprächen mit einem Freund dazu, demjenigen, mit dem ich " es " schon seit Mitte der 80-ziger heimlich tat, was mir in der ersten Zeit heftige Gewissenskonflikte brachte. Ich konnte lange nicht von meinem heterosexuellen Selbstbild lassen, das durch mehrere langjährige Beziehungen ( inklusive einer Heirat ) mit Frauen so schön untermauert wurde.

Erst die Trennung von meiner ( Ex- ) Frau vor fünf Jahren, der damit verbundene Fall ins Bodenlose und Zusammenbruch meiner scheinbar so heilen Welt machten mich nach und nach bereit für den Schritt in die Offenheit.

Zunächst kam die Flucht in die scheinbar einfachere schwule Welt, die sich zunehmend als bunt und faszinierend erwies. All die damals schönen Orte der Kölner Szene habe ich nach und nach erkundet und bin in Ihnen, heimlich natürlich zunächst noch, abgetaucht. Toll fand ich die Parties, das Schulz, die Saunen und Kneipen sowie ab 2000 auch die schwule Internet- Welt.

Aber wie es weitergehen sollte, das hätte ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen können. Daß es in Köln eine Bi- Gruppe gibt, las ich so Mitte 1998 zum ersten Mal ( ich glaube es war in der Stadtrevue ).

Kurz darauf tauchte ich zum ersten Mal auf einer Uferlos- Party auf, war von dieser aber weder hinsichtlich des Ablaufs noch des Publikums oder Andrangs beeindruckt.

Dies führte dazu, daß ich die Bi' s erst mal wieder aus den Augen ließ. Im Januar 2000 wurde ich so heftig krank, wie ich es in meinem Leben vorher noch nicht gewesen bin. Ich fing an mir Gedanken zu machen, warum ich gesundheitlich eigentlich so anfällig geworden war und das es notwendig sei, gegen zu steuern. Aber eine richtige Idee hierzu hatte ich eigentlich nicht.

"Aber wie es weitergehen sollte, das hätte ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen können".

Vom offenen Gesprächskreis der Bi- Gruppe wußte ich auch schon länger. Dort hinzugehen hatte ich mir immer wieder vorgenommen, aber erst im April 2000 ist es dazu gekommen. Es sollte ein Versuchsballon sein. Einmal zu hören, wie andere mit ihrer Bisexualität umgingen und vielleicht ein paar Tipps für mich heraus zu ziehen, war mein Ziel. Klar war ich im Gespräch wesentlich mehr hetero als schwul ( so 70 zu 30 ) und offen leben wollte ich schon gar nicht.

Aber ich saß schnell in der "Falle ". Ich sah, daß viele Leute Ihre Bisexualität ganz und gar nicht ( mehr ) versteckten, offen damit umgingen und lebten. Ein Denkprozeß kam in Gang, und es fing langsam in mir an zu brodeln. Ich begann mich gedanklich dem bis dahin Undenkbaren zu nähern und machte Planspiele - wie es denn sei, wenn ich mich auch oute, wie meine Freunde und Familie reagieren würden, wie mein weiteres Leben verlaufen könnte.

"Einmal zu hören, wie andere mit ihrer Bisexualität umgingen und vielleicht ein paar Tipps für mich heraus zu ziehen, war mein Ziel."

Die Entscheidung fiel ( es mag kitschig klingen ) am Abend der CSD- Parade des Jahres. Ich ging erschöpft, aber glücklich nach Hause, entkam dem Gewitter, welches am Abend das Straßenfest ertränkte, und wußte, was ich zu tun hatte. Dieser Tag, den ich zu den wichtigsten meines Lebens zähle, hatte mir einen Kick gegeben, wie ich ihn in dieser Intensität vielleicht mein ganzes bisheriges Leben nicht gespürt hatte. Auf diesem Wagen glaubte ich zu verschmelzen mit all den Menschen, die an diesem Tag zu dem standen, was sie sind, und wollte nur noch genau so sein.

Klingt sehr pathetisch, nicht wahr? Ist es auch, aber ich stehe dazu. Was kam, ist ein kleines, aber sehr wichtiges Stück meiner persönlichen Geschichte. Nach und nach outete ich mich im gesamtem Freundeskreis und in der Familie.

Auch die Nachbarn und meinen Vermieter nahm ich nicht aus, schon um den Rücken frei zu bekommen. Die Qualität meiner Freunde zeigte sich dabei unmittelbar; nicht einer schnitt mich oder kündigte die Freundschaft auf. Auch die Nachbarn haben keine Probleme damit. Die einzige, die sich etwas schwer damit tut, ist meine Mutter, vielleicht auch weil aus der Traum von Enkeln, deren Vater ich bin. Am Arbeitsplatz wissen einige Leute Bescheid, ansonsten hänge ich die Angelegenheit nicht an die Glocke, auch weil Dienst Dienst ist und Schnaps eben Schnaps.

Natürlich geht das Alltagsleben weiter, und die Zeiten werden im Moment bekanntlich nicht gerade besser.
Aber ich denke, das man Druck von außen viel besser aushält, wenn man mit sich selbst im Reinen ist, d. h. keinen wichtigen Teil seiner Persönlichkeit versteckt. Ich habe mir vor drei Jahren eine große Tür geöffnet, von der ich nicht ahnte, daß es sie geben könnte. Seitdem lebe ich freier und selbstbestimmter. Ich wünsche allen anderen auch den Mut hierzu.

Aufgewachsen in einer scheinbar rein heterosexuellen Kleinstadt hat mich trotzdem schon in meiner Jugend das Thema gleichgeschlechtliche Liebe fasziniert. Da ich als Jugendliche eine große Theoretikerin war, blieb es lange Zeit bei der Theorie. Woher aber überhaupt die Motivation kam oder was konkrete Auslöser für mein Interesse waren, kann ich im Rückblick nicht ausmachen. Vielleicht einfach die simple Tatsache, dass ich bisexuell bin und es auch schon war, bevor es mir bewusst wurde?

Dass ich selbst bisexuell und nicht heterosexuell bin, wurde mir mit Anfang zwanzig bewusst. Meine erste sexuelle Erfahrung mit einer Frau hatte ich ein paar Jahre später. Eine Beziehung mit einer Frau zu leben, konnte ich mir damals aber nicht vorstellen. Beziehungen hatte ich ausschließlich mit Männern. Diese Tatsache und auch meine Einstellung dazu änderten sich erst, als ich mich mit Mitte/Ende zwanzig zum ersten Mal in eine Frau wirklich und heftig verliebte.

Mein Umfeld (sowohl in Köln als auch die Freunde aus der alten Heimat), das mich bis dahin immer als heterosexuell wahrgenommen hatte, ging mit der Tatsache, dass an meiner Seite plötzlich eine Frau und kein Mann war, sehr gelassen um. Allerdings wurden auch keine Fragen gestellt, als ich nach dieser Beziehung wieder mit Männern zusammen war, lange Jahre ausschließlich wieder mit Männern. Warum ausschließlich Männer? Hauptsächlich wohl deshalb, weil ich mich in heterosexuellen Kreisen aufhielt und es eben Männer und keine Frauen waren, die mir Avancen machten. Bis heute ist es übrigens so geblieben, dass meine sexuellen Kontakte zu Frauen (egal ob One-Night-Stand, Affaire, Liebschaft oder Beziehung) immer auf meine Initiative hin zustande kamen. Bei Männern war ich fast nie die, die die Initiative ergriff; da habe ich eher reagiert.

Tatsächlich aber sehnte ich mich in diesen mehr als zehn Jahren mit Beziehungen zu Männern auch immer wieder nach einer Frau. Meinen männlichen Beziehungspartnern habe ich das stets verschwiegen - um Fragen zu vermeiden, von denen ich glaubte, dass sie mir hätten unangenehm werden können. Je mehr Zeit verging, umso stärker habe ich die Tatsache, dass ich bisexuell bin, verdrängt. Aber ganz verdrängen ließ es sich natürlich nicht und als wieder einmal eine Beziehung geendet war und ich mich nach der Trennung sehr stark auf mich selbst konzentrierte, kam alles Verdrängte wieder zum Vorschein.

Das war dann auch der Zeitpunkt, als ich zum ersten Mal zu einem uferlos-Treffen gegangen bin. Nicht, weil ich Rat gesucht hätte, sondern um andere Bisexuelle kennenzulernen und um Frauen zu treffen, mit denen ich gemeinsam auf Frauenpartys gehen könnte. Heute ist das Thema Bisexualität für mich wirklich ein alltägliches Thema. Ich bin nicht bei allen und jedem geoutet und sicherlich halten mich heute, da ich in einer Beziehung mit einer Frau lebe, viele für lesbisch. Aber auch, wenn ich nie Interesse daran hatte, mit Männern und Frauen zur gleichen Zeit zusammen zu sein, bin ich doch nach wie vor bisexuell, ich bin nicht früher hetero gewesen und heute lesbisch, ich bin bi.

Bisexualität und eine monogame Beziehung müssen kein Widerspruch sein. Dass meine Freundin lesbisch ist, bedeutet nicht, dass ich es auch bin. Das ich meine Bisexualität thematisiere und nicht verschweige, führt bei mir aber dazu, dass ich gar kein Bedürfnis habe, meine Sexualität mit beiden Geschlechtern auszuleben. In der Zeit, in der ich meine Bisexualtiät verschwieg, war das anders.

Ich bin glücklich, dass ich heute zu meiner sexuellen Orientierung stehen kann und dass die meisten Menschen in meinem Umfeld damit kein Problem haben (auch wenn sie es nicht alle verstehen können). Und ich bin glücklich, dass ich meine Bisexualität in meiner Beziehung nicht verschweige.

Denn das ist der Punkt, den ich wirklich bedaure und auch bereue: Dass ich früher meine männlichen Beziehungspartner in dem Glauben gelassen habe, ich sei heterosexuell. Einen Teil von sich zu verleugnen heißt auch, sich unfrei zu machen. Die Annahme, das Verschweigen der Bisexualität sei der für mich einfachere Weg, war sehr kurzfristig gedacht. Heute weiß ich es besser, zum Glück!

Wir wollen Bisexualität ein Gesicht geben und engagieren uns deshalb bei Uferlos. Oft werden wir gefragt, wie wir leben, wie alt wir sind, wie unser Outing war usw. Kurz: Wer wir überhaupt sind. Einen ersten Eindruck wollen wir euch an dieser Stelle vermitteln. Wenn ihr Fragen oder Kommentare habt, dann schreibt uns einfach: Kontakt